Der Urlauber, der keinen Urlaub macht

Mein Vorgesetzter befindet sich gerade in Woche 1 seines dreiwöchigen Sommerurlaubs. Ich bin wenig überrascht, denn es läuft so, wie es in jedem seiner Urlaube läuft. Mindestens einmal, meistens häufiger klingelt das Telefon und er erkundigt sich, was es neues gibt und möchte über diverse Vorgänge, die er am Rande per E-Mail mitbekommen hat, genauer informiert werden.

Manchmal hört man seine Frau im Hintergrund, leicht genervt, ob er schon wieder »mit der Arbeit« telefoniert. Manchmal auch eines seiner Kinder, das nach ihm ruft.

Es ist jetzt nicht so, dass in seinen letzten Urlauben immer alles den Bach heruntergegangen wäre. Nein, auch während seinen Abwesenheiten läuft der Laden weiter, genauso rund oder eben manchmal auch unrund, als wäre er regulär im Einsatz. Soweit ich mich erinnern kann, war bisher kein einziges Mal ein Eingreifen seinerseits wirklich erforderlich.

Und es liegt auch nicht daran, dass man mich nicht »unbeaufsichtigt« lassen könnte: Auch andere Kollegen, die ihm unterstellt sind, berichten von täglichen Anrufen, um genauer in aktuelle Vorgänge eingeweiht zu werden.

Ich verstehe das nicht. Ich könnte das nicht. Wenn ich Urlaub habe, möchte ich mich nicht mit Arbeitsdingen auseinandersetzen, da sind andere Sachen wichtig. Da kümmere ich mich Vollzeit um ein Privatleben.